Wolfgang F. Bender/Siegfried Bushuven/Michael Huesmann (Hg.), Theaterperiodika des 18. Jahrhunderts. Bibliographie und inhaltliche Erschließung deutschsprachiger Theaterzeitschriften, Theaterkalender und Theatertaschenbücher.

München/New Providence/London/Paris: K. G. Saur 1994–2005. 3 Teile in 8 Bänden. ISBN 3-598-23181-4. Preis: € 998,- (Gesamtwerk).

Autor/innen

  • Julia Danielczyk

Abstract

Die diversen Gesellschaften zur Erforschung des 18. Jahrhunderts und die Arbeitsgemeinschaft Theaterhistoriographie der Gesellschaft für Theaterwissenschaft können sich glücklich schätzen: Nach vierzehnjähriger Arbeit ist das Großunternehmen zur Auswertung deutschsprachiger Theaterperiodika des 18. Jahrhunderts erfolgreich beendet worden.

Als Ergebnis liegen nun drei Teile vor, die chronologisch sortiert sind: Teil 1 widmet sich den ersten dreißig Jahren der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Teil 2 dem vorletzten Dezennium und Teil 3 dem letzten Dezennium, also den Jahren 1791 bis 1800. Diese drei Teile sind wiederum in mehrere Bände aufgeteilt, die sich zum einen am Alphabet orientieren (das heißt etwa für den letzten Teil, dass die umfangreichen Beschreibungen in zwei Gruppen A bis K (Band 1) und K bis Z (Band 2) gegliedert wurden), zum anderen jeweils einen Band Gesamtregister sowie Ergänzungen der vorhergehenden Teile versammeln.

Nach dieser etwas kompliziert anmutenden Einleitung ist zu sagen, dass sich Bibliographie und inhaltliche Erschließung der Theaterperiodika des 18. Jahrhunderts tatsächlich von ihrer Konzeption und vom Aufbau her ohne eingehende Lektüre der Benutzungshinweise nicht von selbst erklären. Nach dem Studium der gewählten Methoden überzeugt die Durchführung allerdings allenthalben.

Das Erschließungsvorhaben steht in der Tradition von Untersuchungen zum Zeitschriftenwesen des 18. Jahrhunderts – Theaterzeitschriften und -periodika haben allerdings bislang keine Berücksichtigung gefunden. Genau diese Forschungslücke schließt vorliegende Bibliographie, die von Wolfgang F. Bender, Siegfried Bushuven und Michael Huesmann (unter Mitarbeit von Hans-Joachim Jakob) herausgegeben wurde. Inhaltlich sind die Theaterperiodika jener Zeit insofern von großer Bedeutung, als sie die bürgerlichen Bemühungen um Geschmacksbildung und den engen Zusammenhang von Kunst, gesellschaftlicher Erziehung und Theater konturieren sowie das sich neu entwickelnde Verständnis der Bühne als Ort authentischer Empfindung aufzeigen. Jene Theaterzeitschriften versammeln nicht nur Informationen zu Personen, Stücken und theatertheoretischen Überlegungen, sie nähern sich auch der Konzeption von Theater als Spiegel menschlicher Verhaltensweisen und didaktischem Instrument im Prozess der Zivilisation an.

Im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie der Fritz Thyssen Stiftung finanzierten Forschungsprojektes zur Erschließung und Auswertung von Theaterzeitschriften, -kalendern und -taschenbüchern wurden nun sämtliche Theaterperiodika, die im deutschsprachigen Raum zwischen 1750 und 1800 erschienen sind, in die Bibliographie aufgenommen und nach den RAK-WB, den Regeln zur alphabetischen Katalogisierung in wissenschaftlichen Bibliotheken, beschrieben. Damit wurden auch Angaben über Herausgeber, Umfang und Illustrationen erstmals systematisch festgehalten. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt aber – wie gesagt – in der inhaltlichen Erschließung der Periodika (es wurden übrigens auch Druckschriften aufgenommen, die in tagebuchhaft-kontinuierlicher Weise über Gegenstände des Theaters berichten).

So erfassten die Herausgeber nicht nur jedes Periodikum in einer ersten Verlistung und versahen diese mit Provenienzangaben, Zitiersiglen und Anmerkungen, sondern sie verzeichneten in einem eigenen (und umfangreichen) Teil die einzelnen Inhalte eines jeden Heftes dieser sowohl inhaltlich als auch formal-bibliographisch ausgewerteten Periodika. Im Anschluss daran wurde die inhaltliche Erschließung in 15 Registerteilen vorgenommen. Diese sind wiederum nach Schlagwörtern, Personennamen, Biographien, Beiträgern, Schauspielergesellschaften, dramatischen Werken, Aufführungs- und Dramenkritiken, abgedruckten Theaterstücken, nicht-dramatischen Werken, Theaterorten, Theaterbauten, Theaterreden, Spielplanverzeichnissen und Ensembleverzeichnissen sortiert. Das bedeutet: Jede Zeitschrift kann einzeln durchsucht werden, die noch wichtigere, nämlich übergreifende inhaltliche Suche gewährleisten die Gesamtregister.

Mit der Auswahl der Registergruppen sind nicht nur – ja man möchte sagen – sämtliche theaterhistorische Fragestellungen (vor allem zu den Theaterreformen und zum Nationaltheatergedanken – als Gegenmodell zu Hamburg seien hier Wien 1776, Mannheim 1777, Berlin 1786 und München 1789 genannt) gewinnbringend suchbar, auch für andere Disziplinen, wie die Literaturwissenschaft oder die Kunstgeschichte, wird sich die vorliegende Bibliographie als nützliches Suchinstrument erweisen.

Im Übrigen sind auch regionale Suchbegriffe leicht zu lokalisieren, sind doch immerhin die meisten Almanache im Titel einer Stadt oder Region zugewiesen: So findet man etwa mehrere Augsburger Theater-Journale oder den Linzer Theaterallmanach von 1796, unmittelbar gefolgt vom Münchener Theater-Journal von 1800, von verschiedenen Nürnberger Theater-Journalen sowie zahlreichen Wiener Zeitschriften. Darunter befindet sich etwa auch die Wienerische Dramaturgie, die 1776, also im Jahr der Erhebung des Wiener Burgtheaters zum Nationaltheater, bei Thomas Trattner erschienen ist und wichtige Inhalte zu Abraham a Santa Clara, Aristoteles und Lessing versammelt. Buchdruckgeschichtlich äußerst interessant ist der Almanach des Theaters in Wien von 1774, der bei Joseph Kurzböck gedruckt wurde und Auskunft über Schaubühnen in Wien gibt.

Nicht nur die wissenschaftliche Forschung zur (Theater)Geschichte des 18. Jahrhunderts freut sich über dieses wertvolle und nützliche Suchinstrument, auch fachspezifische Bibliotheken können dieses Nachschlagewerk für ihre Sacherschließung einsetzen: Der vorliegende Thesaurus, der hierarchisch geordnet und mit Äquivalenz- sowie Assoziativbegriffen versehen ist, bezieht sich zwar auf sämtliche in den ausgewerteten Zeitschriften vorhandene Aussagen bzw. qualifizierte Begriffe und Informationen zu Sachverhalten, er ist aber ebenso aufgrund der Vielzahl der behandelten Themenkreise für weitere Bibliographien mustergültig.

 

Der Thesaurus ist modifiziert auf alle drei Teile angewendet und startet mit dem Schlagwort "Abgehen", das auf das übergeordnete "Auftreten" verweist, während die "Beredsamkeit" auf "Bewegung", "Gang", "Gebärde" bis hin zur "Stellung (Körperhaltung)" als Synonym zeigt. Eine alternative Ordnung über die Schlagwörter, die im genannten Zeitraum zur Anwendung gekommen sind, bieten weiters 14 Themenkreise: z. B. "Literarische Strömungen/Literarischer Markt", "Deutschland als (Kultur)Nation", "der Schauspieler und sein Publikum" etc.

 

Das Lesepublikum dieser Vollständigkeit beanspruchenden Bibliographie wird aber auch – sofern es sich die Zeit nimmt, sich mit den Methoden und dem Aufbau dieses Werkes auseinanderzusetzen – aus den Theorien zum Theaters des 18. Jahrhunderts reichlich angeregt: "Ich erträume mir manchmal in einsamen Stunden süsser Fantasie ein Ideal der Schauspielkunst, wo ganz die edlen Zwekke derselben – aufheiternde, reines Vergnügen gewährende Erholung, Veredlerung der Menschheit – erreicht würden; [...] wo der Stand des Schauspielers so ehrenvoll wäre, als edel seine Bestimmung ist [...] wo das ganze Publikum mit gleicher Wärme sich für die Bühne interresirte; mit einem Worte, wo das Theater Hautaugenmerk des Staats und seiner wichtigsten Angelegenheiten, nicht gefahrvolle Entreprise eines oder einiger Bürger wäre! Aber traurig erwache ich aus meinen Fantasien, dazu dämmern die Aussichten noch nicht in der weitesten Ferne: vielleicht dass wir im Jahre 2440 der Realisirung dieses Traums näher sind." (Dramaturgische Blätter. Frankfurt: Esslinger 1788, S. 151f.)

Autor/innen-Biografie

Julia Danielczyk

Studium Theaterwissenschaft / Germanistik an den Universitäten Wien und Bern, Mitarbeit am Forschungsprojekt "Historiendramen auf Wiener Bühnen 1918-1938", wissenschaftliche Mitarbeit am Oberösterreichischen Literaturarchiv in Linz, am Österreichischen Theatermuseum und seit 2001 in der Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus. Seit 2002 Lehrbeauftragte an der Universität Wien und Bern. Theaterkritikerin bei der Furche.

Publikationen:

Publikationen zum Österreichischen Theater in der Ersten Republik, Archiv- und Bibliothekswesen, zu bibliotheksgeschichtlichen Fragen des 19. Jahrhunderts, Gegenwartstheater u.a.

Veröffentlicht

2009-05-06

Ausgabe

Rubrik

Theater