Stefan Koslowski: Stadttheater contra Schaubuden. Zur Basler Theatergeschichte des 19. Jahrhunderts.
272 S., 62 Abb., Zürich: Chronos 1998 (= Theatrum Helveticum. Bd. 3). ISBN 3-905312-54-9. Preis: SFr 48,- /DEM 56,-/ ATS 380,-
Abstract
Basel ist eine der vielen mittleren Städte im deutschen Sprachgebiet, die sich seit dem 19. Jahrhundert den Luxus eines kommunal finanzierten Stadttheaters leisteten, das im Konkurrenzverhältnis zu den übrigen Schaustellungen stand. Die protestantischen Vorbehalte gegen Theater und Theatralität werden von Koslowski mit einem Seitenblick auf Max Weber ebenso analysiert wie die widersprüchliche Koexistenz von "Hochkultur" und "Populärkultur" sowie der wohl eher konstruierte als reale Gegensatz von Bildung und Unterhaltung, in dem sich im Grunde eine ältere Dichotomie von Hof- und Volkskultur erhalten hat.
Nicht vernachlässigt werden die trotz energischer Abgrenzungsversuche mitunter seltsamen Berührungspunkte der Populärkultur mit Produktionen des gemeinnützigen Stadttheaters. Die Studie sucht nicht nach Urgründen lokaler Identität, wie der Titel vermuten ließe, sondern sperrt sich vielmehr gegen alles Heimatkundliche, indem sie Basel als Beispiel nimmt, um sozialgeschichtliche Zusammenhänge, wie den bürgerlichen Willen zu "Geselligkeit", auf breiterer Basis zu behandeln. Geselligkeit wird vom Autor als Konzeption eines lockeren, unverbindlichen, aber dennoch Zusammengehörigkeit stiftenden sozialen Rahmens untersucht. Zirkus, Varieté oder Vereinsaktivitäten werden gegenüber einer scheinbar ernsterzunehmenden Kultur nicht vernachlässigt, sondern als typische Bestandteile eines kommunalen Lebens aufgeführt, in dem sich jene Kommunikations- und Legitimierungsbedürfnisse, aber auch zivilisatorischen Probleme und Modernisierungsängste zeigen, die zur modernen Spaltung in öffentliches und privates Leben führen. Somit mögen manche Ergebnisse der Untersuchung auch für andere Städte vergleichbarer Größe zutreffen.
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