Simone Gojan: Spielstätten der Schweiz. Historisches Handbuch.
656 S., 100 Abb. Zürich: Chronos-Verlag 1998 (= Theatrum Helveticum. Bd. 4). ISBN 3-905312-88-3. Preis: SFr 88,-/DEM 99,-/ATS 700,-
Abstract
Die vorliegende Publikation bemüht sich, die historischen Theaterspielstätten der Schweiz mit Schwerpunkt auf dem 18. und 19. Jahrhundert möglichst vollständig aufzulisten. Die Schweiz ist als Untersuchungsgegenstand einer solchen Sammelaktion besonders reizvoll, weil hier die deutschen, italienischen und französischen Sprachgebiete mit ihren unterschiedlichen Theatertraditionen auf engem Raum zusammentrafen, ohne sich allerdings erheblich vermischt zu haben. Dieser Besonderheit entsprechend, ist das Buch dreisprachig gehalten. Da die meisten der behandelten Städte klein bis sehr klein sind, gibt das Buch einen guten Einblick in das mitteleuropäische Gefüge von Auftrittsmöglichkeiten, die sich einst den Wandertruppen angeboten haben.
Dankenswerterweise wird nicht versucht, "Minderwertiges" auszusieben: Lokalitäten populärer Schaustellungen sind ebenso vertreten wie Bordellbetriebe, die Aufführungsorte der ansässigen Schulen oder Vereine sind gleichermaßen berücksichtigt wie diejenigen der wenigen Berufsensembles mit fixem Standort. Das "theatralische" Leben präsentiert sich somit als ein Ineinandergreifen alltäglicher und professioneller, aktiv gepflegter und passiv konsumierter Repräsentativität in einer zunehmend verbürgerlichten Gesellschaft. Die baulichen Eigenschaften der Spielstätten werden ebenso skizziert wie der rechtliche und wirtschaftliche Rahmen des Spielbetriebs in seiner geschichtlichen Entwicklung, besonders ausführlich etwa am Beispiel der Stadt Bern. So erfährt man durch zahlreiche Details auch Interessantes über die "schweizerische" Sozialgeschichte, wo die kulturellen Traditionen sich früher als im übrigen Europa von einer aristokratischen Führungsschicht emanzipiert haben und repräsentative öffentliche Anlässe daher auf oft kuriose Weise auf Sachlich-Nüchternes, scheinbar Zweckmäßiges reduziert worden sind, um ihnen allgemeine Akzeptanz zu verschaffen. Es erstaunt deshalb, wie vieles und wie Widersprüchliches, zumal in weltpolitischen Umbruchzeiten, in der Schweiz Platz haben konnte, ohne jedoch nachhaltige Spuren zu hinterlassen.
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